von Chris Kay » 12.08.2007 19:13
Ich schweif jetzt mal ein bißchen ab. Jedes Jahr oder spätestens alle 2 Jahre lässt sich motivtechnisch gesehen ein Trend ausmachen. Das ging von Delphinen über Steißtribals, Leistentribals, japan. Trend, oldschool Trend , bis zum jetzigen Namen chin zeichen Trend.
Ich überspitze das jetzt mal. Jeder, der auch nur annähernd was mit der Erzeugung seiner Nachkommenschaft zutun hat, will sich plötzlich den Namen der Brut auf den Körper pinseln lassen. Wer keine gebährfreudige Gespielin hat oder keinen vaterschaftsannerkennungsunterschreibungswilligen Geldbeutel mit Haaren, der nimmt halt den eigenen Namen. Die Alzheimerforschung ist ja noch nicht so weit und wer weiß für was so ein Namensstempel mal gut ist.
Keiner bemerkt, das dieser dauerhafte Ausdruck der Vater/Mutterfreuden auch nur ein Trend ist, der durch quotenhaschende Soapstarstecherei in unser aller Amiland noch kräftig gepuscht wird. Das Tattoo aus purer Freude oder einfach so, ist ausgestorben. Wenn es nicht mindestens so bedeutungsschwanger wie Fackeln im Sturm ist, ist es nichts wert.
Das diese emotionalen Hochflüge temporär sind, zeigt sich hier wieder. Der Name ist ganz ok, das Ganze wird durch ein mächtiges Tribal hervorgehoben, um mehr Gewicht auf die Aussage zu lenken. Was macht man aber, wenn es nun schon jeder aus dem näheren Umfeld gesehen hat, das man nach außen seine Pflichten als Elternteil ernst nimmt, oder alternativ, nicht zu schusselig ist , seinen Namen zu vergessen.
Dann wird umgebaut, gecovert, verbessert und vor allen Dingen darüber lamentiert, wie unglücklich man doch mit dem selbstgewählten Motiv ist. Der Tätowierer hätte doch sagen können, das dieses Teil WIRKLICH nicht mehr weg geht, oder mich darauf hinweisen können, das ein Trend sich auch totlaufen kann und noch andere Dinge im Leben wichtig sind, als anderen auf der eigenen Haut zu beweisen, was für ein toller Hecht/in man ist.
Konsequenz nicht nur als Fremdwort sehen und eigenverantwortliches Denken, das wäre mal eine feine Sache. Sein Tun und Handeln selbst verantworten ohne Gruppendynamik als Ausrede. Ja, wäre auch toll.
Das Tattoo hier war nicht in zwei Stunden drauf, das ist 3/4 des Rückens. Solche großen Projekte plant man, denkt darüber nach, lässt es ruhen, reifen. Wenn man sich entschlossen hat, es zu realisieren, dann sollte man verdammt noch mal klar darüber sein, das sowas dauerhaft ausgelegt ist.
Aber scheinbar ist Covern das neue Modewort und ein guter Tätowierer nur noch ein besserer Restaurateur.
Ich weiß und viele Kollegen wissen es auch, durch die Erfahrung im Studio, in nächster Zeit werden viele Namens-und Chinazeichenträger ihre trendigen Teile wieder los haben wollen, weil es , wie gesagt, nur ein Trend ist und sich nach der "cool ey Euphorie" doch noch das Gehirn meldet.
So, ich gehe jetzt raus, fress ein bißchen Kreide, um meine Tochter zu täuschen, das ich doch kein böser Wolf als Vater bin, weil ich ihren Namen nicht tätowiert habe und wehe sie mault, dann ab auf die stille Treppe.