Historische und traditionelle Tattoos

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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon Branislav » 05.03.2013 13:35

http://blogs.dmax.de/stichwort/2009/10/ ... eil-i.html

http://blogs.dmax.de/stichwort/2009/10/ ... il-ii.html

Tätowierte “Wilde” als Attraktion in Europa, 1560-1690: Teil I

Lars Krutak

Im Zeitalter der Entdeckungen, kamen mit Reisenden jeglicher Art – Entdeckern, Soldaten, Seemännern, Missionaren und Abenteurern – Bilder und Berichte über tätowierte Menschen aus anderen Kulturen nach Europa. Diese Berichte zeichneten ein klares Bild der kulturellen Unterschiede zwischen Europäern und den Eingeborenenvölkern und in diesen Darstellungen wurden die tätowierten Urvölker als Exoten stereotypisiert, als “primitiv”, “gottlos” und mit “Vieh” und “wilden Tieren” gleichgesetzt. Diese Beschreibungen verraten mindestens so viel über die Menschen, aus deren Feder sie stammen, wie über die Menschen, die beschrieben werden.

Die Stammesvölker galten nicht nur als Kuriositäten, die man “sammelte” und als Jahrmarkstattraktion ausstellte, sondern sie wurden als lebender Beweis dafür angesehen, wie weit unten “unzivilisierte” Völker auf der Evolutionsleiter standen. Die Darstellung der Völker in Kupferstichen, Lithografien, auf Ölgemälden und selbst auf Geschirr und Tisch-Accessoires (siehe Teil II dieser Serie) als exotische Menschen, nackt und in der Natur, überhöht durch Tätowierungen, war Teil eines stereografischen “Display-Sets”, dass die euro-westlichen Vorstellungen der Eingeborenen spiegelte als lebende “Artefakte”, die man zur Unterhaltung sammelte und manchmal auch um Profit zu machen.

Heute und in künftigen Blogs möchte ich mich mit der so gut wie vergessenen (und traurigen) Geschichte der tätowierten Völker beschäftigen, die aus ihrer Heimat verschleppt wurden und in Europas Hauptstädten einer ungewissen Zukunft entgegensahen.

Deshalb möchte ich heute auf die wahrscheinlich ältesten in Europa bekannte Darstellung der Inuit eingehen: Ein Holzschnitt, der 1567 in Augsburg gedruckt wurde. Er ist außerdem der erste Werbeflyer der Welt, denn mit ihm werden tätowierte “Wilde” als Jahrmarktattraktion angepriesen. Die Frau trägt traditionelle Hautstiche, sogenannte “Malzeichen” im Gesicht.


Die verschleppte Frau und ihr Kind wurden in Belgien zur Schau gestellt. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Der Text enthielt viele Übertreibungen, unter anderem zur Körpergröße und die angeblich “kannibalistischen” Neigungen der Inuit. Offensichtlich wollte der Autor Aufsehen erregen, damit möglichst viele Menschen kommen und zahlen um die unglaublich einzigartigen, “wilden” und “bestialischen” Kreaturen zu sehen, die Tätowierungen trugen. Der deutsche Text lautete in etwa folgendermaßen:
(zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)

WAHRHAFTIGES KONTERFEI EINER WILDEN FRAU MIT IHREM TÖCHTERLEIN, GEFUNDEN IN DER LANDSCHAFT NOVA TERRA GENANNT UND NACH ANTWERPEN GEBRACHT, ÖFFENTLICH ZU SEHEN GEWESEN UND WEITERHIN ZU SEHEN

Im Jahre 1566 kam in Antwerpen mit einem Schiff aus Seeland eine wilde Frau an (eine kleine Person), zusammen mit ihrem Töchterlein und sie ist geformt und gekleidet wie auf diesem Bilde. Sie wurden gefunden in Nova Terra, so heißt die neue Landschaft, die von den Franzosen und Portugiesen erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde. Auf diese Frau, ihren Mann und das Kindchen stießen die Franzosen (die mit dem Schiff in diese Landschaft gereist sind um fremde und wundervolle Dinge zu finden). Der Leib des Mannes wurde von einem Pfeil durchbohrt. Doch er wollte sich nicht gefangen nehmen lassen und verteidigte sich mutig; in diesem Scharmützel wurde er von einem anderen Franzosen durch ein Schlachtschwert schwer verwundet. Daraufhin nahm er sein eigenes Blut aus der seitlichen Wunde und leckte es aus seiner Hand und setzte sich daraufhin noch grimmiger zur Wehr als zuvor. Schließlich wurde er dermaßen heftig in der Kehle getroffen und verletzt, dass er zu Boden fiel und an seiner Verletzung starb. Der Mann war 12 Fuß groß (3,65 Meter) und hatte innerhalb von zwölf Tagen mit eigener Hand elf Menschen getötet, Franzosen und Portugiesen – um sie zu essen. Denn sie mögen kein Fleisch lieber als Menschenfleisch. Als sie die Frau ergriffen, wehrte sie sich als sei sie völlig rasend und wahnsinnig, denn sie hätte ihr Kind zurücklassen müssen wenn die Seemänner sie zum Schiff brachten. Es schien, sie wollte lieber ihr Leben verlieren als das Kind zu verlassen. Da sie gar so wahnsinnig wütete, ließen sie die Männer ein wenig in Ruhe und sie ging zu dem Ort an dem sie das Kind versteckt hatte. Danach war sie ruhiger, also nahmen sie die Frau und das Kind und führten sie hinweg. Keiner der Franzosen verstand auch nur ein Wort dessen, was sie sagte und niemand konnte mir ihr sprechen. Doch in 8 Monaten lehrte man sie genug um zu erfahren, dass sie viele Menschen gegessen hatte. Ihre Kleidung war aus Robbenfell gemacht, wie auf dem Bild ersichtlich. Die Malzeichen in ihrem Gesicht sind vollkommen blau, so blau wie der Himmel. Diese machen die Männer den Weibsbildern, damit sie sie erkennen, denn sonst laufen sie durcheinander wie das Vieh. Die Zeichen lassen sich mit keiner Flüssigkeit je wieder entfernen. Sie werden mit dem Saft eines Krauts gemacht, das im Land wächst. Ihr Körper ist gelb-braun, wie die halben Moore. Die Frau war 20 Jahre alt als sie gefangen genommen wurde im Jahr 66 im August, das Kind war 7. Lasst uns Gott dem Allmächtigen danken für seine Wohltat, dass er uns mit seinem Wort erleuchtet hat, so dass wir nicht so gar wilde Leute und Menschenfresser in dieser Landschaft sind, in der diese Frau gefangen wurde und hier her gebracht. Denn sie weiß nichts über den rechten Gott sondern lebt schier ärger als das Vieh. Gott möge auch sie zu seiner Anerkennung bekehren. Amen.

Gedruckt in Augsburg durch Mattheus Francken

Tätowierte “Wilde” als Attraktion in Europa, 1560-1690: Teil II

Wie versprochen kommt hier Teil II meiner kleinen Serie über tätowierte Stämme, die im Zeitalter der Entdeckungen entführt und in Europa zur Schau gestellt wurden. Die vier Inuit aus Grönland, um die es heute geht, wurden als ethnografische Objekte für das Kuriositätenkabinet von König Friedrich III “erworben”, während einer Entdeckungsreise im Jahre 1654 zu unerforschten Landstrichen im hohen Norden.

Natürlich folgten zahllose Verschleppungen von Inuit im 17. und 18. Jahrhundert. Als die Inuit aus dem Godthaab Fjord in Europa ankamen, war König Friedrich III so begeistert, dass er sie auf einem großen Ölgemälde porträtieren ließ. Und durch zwei winzige Skulpturen aus Gold und Silber, die ihren Platz auf seiner persönlichen Festtafel fanden. Vor einigen Jahren hörte ich sogar, dass zwei der Inuit in einem Familienwappen verewigt wurden!

Allerdings starb der Inuit-Mann auf dem letzten Abschnitt der Reise von Bergen (Norwegen) nach Kopenhagen an einer Krankheit. Also muss das Ölgemälde in Bergen angefertigt worden sein. Das Gemälde zeigt die Inuit mit einem friedlichen Gesichtsausdruck und die Tätowierungen der Frauen wurden sorgfältig dargestellt. Diese Tätowierungen fand man auch auf Mumien, die in Qilakitsoq in den 1970er Jahren entdeckt wurden. Qilakitsoq liegt in jenem Gebiet, aus dem die Inuit vor langer Zeit entführt wurden.

Der König wollte die Frauen zurück nach Grönland schicken, wenn sie die Sprache und die Lehren der christlichen Religion angenommen hätten. Doch während seiner Regentschaft segelte kein Schiff mehr nach Grönland. Die Inuit lebten einige Jahre in Kopenhagen und starben schließlich an Typhus. Zu diesem Zeitpunkt, so berichtet eine Quelle, “hatten sie gut Dänisch gelernt und waren artig geworden.”


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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon Branislav » 13.03.2013 11:20

Taetowierte Mumie aus dem Grab am Oghlatky Berghang in Russland. Alter ungefaehr 2300 Jahren.
http://www.kronk.narod.ru/library/kyzla ... a-2004.htm

Auf Schultern und Ruecken sind Spinnen taetowiert. Am unterarm Pfeil und Bogen.
Vier-Punkt-Taetowierungen befinden sich oberhalb der Brustwarzen.
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon n8ght » 13.03.2013 11:56

Interessante Positinierung der Spinnen. Wenn ich Spinnen nicht so bäh fände, fände ich das sogar richtig cool.
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon Branislav » 20.03.2013 13:33

ja, eben die positionierung. gespiegelte verteilung links und rechts: spinnen, punkte, "kommas". ein gleichgewicht.
das war nicht, ich lass mir irgendwas taetowieren. sondern alles vorher geplant. keine primitive und spontane taetowierungen. der mann hat das bei anderen stammesmitgliedern gesehen und uebernommen, das getan was auch andere vor ihm getan haben. das was er von seinen vorfahren als erbe bekommen hat. und das deutet auf eine tradition, eine kultur des taetowierens. die spinne ist ein jaeger. der mann hat ein bogen und pfeil am unterarm. er war auch ein jaeger!?
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon Branislav K. » 11.09.2013 0:11

das berührt mich sehr. ihr wisst, ich erforsche diese kultur des taetowierens und versuche das ganze aus der vergessenheit zu holen. und jetzt bekomme ich solches zu lesen. ihr versteht, denke ich...drum will ich das unbedingt mit euch teilen.

Dear Traditional Croatian Tattoo, my mother's father was Croatian (from Lipovljani, Croatia). Although she was born in the U.S., my mom's Croatian identity has always been important to her. My mother is currently battling pancreatic cancer. I had these tattoos done on my left arm in her honor. Marcy Miranda Janes, 06.09.2013
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon sophrosyne » 11.09.2013 0:26

Hm...ich verstehe leider nicht :/ Kannst du es erklären?
Außerdem wollte ich nachfragen, wieso der Schluss von zwei Spinnen auf den Schultern und zwei 4-Punkte-Tätowierungen auf einen Kult, eine Tradition, ein Erbe schließen lassen?
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon n8ght » 11.09.2013 7:50

Ohhhhhh, Brani is back. :D (wenn auch unter neuem Nick... warum? Passwort vergessen? Es wäre ehrlich gesagt, schade, wenn deine ganzen Verlinkungen zu und mit deinem alten Namen in Vergessenehit geraten würden! :? )

Ich persönlich habe keine historischen oder emotionalen Verbindungen (was Vergangenheit/Kultur/etc. betrifft) zu "alten" Tätowierungen, aber ich verstehe, warum dich das (be)rührt!
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon Branislav K. » 11.09.2013 18:33

@sophrosyne

weil ich glaube, durch meine anstrengungen, teilweise verantwortlich zu sein, für die heute, doch wachsende interesse an alten motiven. bis vor wenigen jahren wurde über das kaum was geschrieben, und geschweige tätowiert. aber jetzt melden sich menschen aus verschiedenen teilen der welt, suchen nach rat, schicken bilder, zeigen ihre frische tätowierungen, erzählen ihre geschichten. ich meine, genau das wollten wir doch. es ist überwältigendes gefühl, für mich.

die mumie. bei kulturen mit noch lebendiger tradition des tätowierens ist ehnliches zu sehen. so zum beispiel auf borneo, die so genannten borneo rosen, links und rechts jewals eine auf die schulter. da wird nicht einfach so etwas gestochen. sondern, es gibt regeln. symetrie ist ein zeichen für ein plan, will ich meinen.

@n8ght :) grüss dich
ich schreib dir eine pn.
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon Branislav K. » 12.09.2013 12:10

ich brauche hilfe. ein freund arbeitet an einem buch über die geschichte der (christlichen) tätowierung. jetzt möchte er auch ein tekst aus dem buch " "Orientalische Reise=Beschreibung/ Des Branderburgischen Adelichen Pilgers Otto Friedrich von der Groeben" in das buch aufnehmen. eigentlich möchte er nur parafrasieren. aber, trotzdem, ich hätte gern die gewissheit, alles richtig gemaht zu haben. im original ist der tekst in alter deutscher schrift geschrieben. ich habe das in moderner schrift wieder geschrieben, da ich im internet keine gefunden hatte. darum brauche ich jetzt eure hilfe, wenn jemand zeit und lust hat, das zu überprüfen. das wäre super.

hier ist die quelle:
seite 283 - 286
http://digital.bibliothek.uni-halle.de/ ... iew/886665

hier ist meine kopie:
(283 - 286)
BESCHREIBUNG DER PILGER ZEICHEN

Josepha Leone,
a fecretis TeSe

Wärender Zeit aber als ich mich in dem Kloster auffgehalten/habe ich folgende Zeichen/mir auff meine Arme (nach aller Pilger Gewohnheit) stechen lassen/und zwar auff solche Weise:
Es kam ein Schrift von Betlehem/der einen ganzen Sack voll Formen hatte/in Holz geschnitten/aus welchem ich mir die hierher gebildete Zeichen erwehlet und ausgelesen/auch folgender Gestalt einäßen heissen,

Das erste Zeichen des rechten Armes.
Die Buchstaben L. V. C. F. bedeuten auf lateinisch so viel als:
Lapis, Vbi, Christus, Fuit Vnctus.
Der Sein auff welchem Christus gesalbet worden.

Das andere Zeichen des rechten Armes.
Die Auslegung des schmerzlichen Kreuz=Weges.
DH = Locus Flagellations, das Haus der Geisslung.
DP = Domus Pilati, das Haus Pilati.
DH = Domus Herodis, das Haus Herodis.
AP = Arcus Pilati, Schwiebogen Pilati, wo Christus dem Wolke mit diesen Worten vorgestellt worden: Ece Homo! Sihe da ein Mensch!
LV = Labitur Virgo, wo Maria in Ohnmacht gefallen.
CC = Cecidit Christus, wo Christus mit dem Kreuz gefallen.
SC = Simon Cireneus, wo Simon Cireneus Christo helfen das Kreuz tragen.
PD = Porta Damascena, das Thor von Damasco.
DE = Domus Epulonis, das Haus des Reichen Manes.
DL = Domus Lazari, das Haus des Armen Mannes
SV = Sancta Veronica, wo die heilige Veronica Christo das Schweiß=Tuch zugeworffen.
PD = Porta Judicialis, das Gerichts=Thor.
FI = Filii Jerusalem, wo Christus zu den Töchtern von Jerusalem (da. sie um? Ihn geweinet) gesprochen: Ihr Töchter von Jerusalem weinet nicht über Mich/sondern um? euch und eure Kinder.
X = Mons Calvariae, der Berg Golgata.

Das Dritte Zeichen des rechten Armes.
WIe Christus den schmerzlichen Kreuz=Weg das Kreuz getragen/mit der Unterschrifft:
SEQVERE ME, folge mir nach.
Dieses findet der günstige Leser droben bei dem 1sten Zeichen.

Das erste Zeichen des linken Armes.
Das Ritter=Wappen von Jerusalem.
Der Stern/bedeutet Bethlehem.
Die drei Kronen/die drei heiligen Könige.
Die fünff Kreuz/das zeichen der Ritter
Die Palm=Zweige/das Fleken Bethphage.

Das andere Zeichen des linken Armes.
Das Heilige Grab/nebenst der Glorwürdigsten Himmelfahrt Christi.

Er wusch mir aber erstlich den Arm mit Wein rein abe/neßete die Form ein wenig/und besprengte sie mit gestossenen Kohlen/hernach druckete er sie mir auff den Arm/da solches nun geschehen hat er in einem Glase Büchsen=Pulver mit Eßig/fast wie Tinte temperiret und zugerichtet/auch zwei subtile Neh=Nadeln in einen Stecken gestossen/die er wie eine Feder in das temperirte Pulver eintauchte/nahm meinen Arm in eine Hand/und stach mit der andern Stich bei Stich in die abgezeichnete Figuren/so tieff/daß nach jedem Stich das Blut folgete/und einen ziemlichen Schmerzen verursachte. Da er nun mit etlichen tausend Stichen eine Figur geendet/wusche er mir die Haut sauber ab/und sahe/wo noch nicht genug gestochen war/welches er denn mit neuen Stichen verbesserte/und mir nachmals den Arm mit seinen Häanden so druckete/ daß sich alle Löcher geoffnet/und das Blut wie aus einer Sprüßen heraus gesprüßet. Wie nun solches geschehen/rieb er mir zum Überfluß das temperirte Pulver gar starck in den Arm hinein/und machete mir den Arm so weit/als das Zeichen ging/ganz Schwarz/worauff ich den Arm zwei Tage lang im Bande tragen muste/wusch er mir den Arm rein abe/mit starckem Wein und fing mir an das andere Zeichen zu stechen/welches er wie das vorige endigte/verfuhr auch also mit dem Dritten Vierten und Fünfften. Wer nun einer schwachen Natur ist/der mag sich wohl vorsehen/solche Zeichen stechen zu lassen/dann ste den Arm gar sehr schwellend machen/und durch die Inflammation offtmahlen ein Fieber zu verursachen pflegen/welches den Frembden dieser Oerter sehr gefährlich ist/und leicht den Todt befordern kan.
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon n8ght » 12.09.2013 16:08

In meinem zitierten Textschon geändert:
hierher=hierhen, LVCF=LVCFV, Flagellations=Flagellationis, DH=LF (war bestimmt nur ein copy/paste-Fehler), Wolke=Volke, vorgestellt, vorgestellet, Ece Homo=Ecce homo, helfen=helffen, Haus=Hauß, linken=lincken (ich lese zumindest noch ein c da drin), drei=drey, besprengte=besprengete, Tinte=Dinte (liest sich komisch ist aber in meinen Augen eindeutig ein D und kein T), eintauchte=eintauchete, bei=bey, nachmals=nachmahls, eingefügt weil einfach vergessen/überlesen: /nach verflossenen zweyen Tagen/ (zwischen im Bande tragen musste und wusch er mir den Arm rein)

Ich würde der Leserlichkeit wegen immer ein Leerzeichen um die / rum machen. also Wort / Wort (und nicht Wort/Wort).

Zu der um?-Geschichte (habe das jetzt nicht geändert) - ich lese es als umd. Ob und wie das Sinn macht: keine Ahnung. Ich würde es in umd abändern.

Branislav K. hat geschrieben:
(283 - 286)
BESCHREIBUNG DER PILGER ZEICHEN

Josepha Leone,
a fecretis TeSe

Wärender Zeit aber als ich mich in dem Kloster auffgehalten/habe ich folgende Zeichen/mir auff meine Arme (nach aller Pilger Gewohnheit) stechen lassen/und zwar auff solche Weise:
Es kam ein Schrift von Betlehem/der einen ganzen Sack voll Formen hatte/in Holz geschnitten/aus welchem ich mir die hierher gebildete Zeichen erwehlet und ausgelesen/auch folgender Gestalt einäßen heissen,

Das erste Zeichen des rechten Armes.
Die Buchstaben L. V. C. F. V. bedeuten auf lateinisch so viel als:
Lapis, Vbi, Christus, Fuit Vnctus.
Der Sein auff welchem Christus gesalbet worden.

Das andere Zeichen des rechten Armes.
Die Auslegung des schmerzlichen Kreuz=Weges.
LF = Locus Flagellationis, das Haus der Geisslung.
DP = Domus Pilati, das Haus Pilati.
DH = Domus Herodis, das Haus Herodis.
AP = Arcus Pilati, Schwiebogen Pilati, wo Christus dem Volke mit diesen Worten vorgestellet worden: Ecce homo! Sihe da ein Mensch!
LV = Labitur Virgo, wo Maria in Ohnmacht gefallen.
CC = Cecidit Christus, wo Christus mit dem Kreuz gefallen.
SC = Simon Cireneus, wo Simon Cireneus Christo helffen das Kreuz tragen.
PD = Porta Damascena, das Thor von Damasco.
DE = Domus Epulonis, das Hauß des Reichen Manes.
DL = Domus Lazari, das Hauß des Armen Mannes
SV = Sancta Veronica, wo die heilige Veronica Christo das Schweiß=Tuch zugeworffen.
PI = Porta Judicialis, das Gerichts=Thor.
FI = Filii Jerusalem, wo Christus zu den Töchtern von Jerusalem (da. sie um? Ihn geweinet) gesprochen: Ihr Töchter von Jerusalem weinet nicht über Mich/sondern um? euch und eure Kinder.
X = Mons Calvariae, der Berg Golgata.

Das Dritte Zeichen des rechten Armes.
Wie Christus den schmerzlichen Kreuz=Weg das Kreuz getragen/mit der Unterschrifft:
SEQVERE ME, folge mir nach.
Dieses findet der günstige Leser droben bei dem 1sten Zeichen.

Das erste Zeichen des lincken Armes.
Das Ritter=Wappen von Jerusalem.
Der Stern/bedeutet Bethlehem.
Die drey Kronen/die drey heiligen Könige.
Die fünff Kreuz/das Zeichen der Ritter.
Die Palm=Zweige/das Flecken Bethphage.

Das andere Zeichen des lincken Armes.
Das Heilige Grab/nebenst der Glorwürdigsten Himmelfahrt Christi.

Er wusch mir aber erstlich den Arm mit Wein rein abe/neßete die Form ein wenig/und besprengete sie mit gestossenen Kohlen/hernach druckete er sie mir auff den Arm/da solches nun geschehen hat er in einem Glase Büchsen=Pulver mit Eßig/fast wie Dinte temperiret und zugerichtet/auch zwei subtile Neh=Nadeln in einen Stecken gestossen/die er wie eine Feder in das temperirte Pulver eintauchete/nahm meinen Arm in eine Hand/und stach mit der andern Stich bey Stich in die abgezeichnete Figuren/so tieff/daß nach jedem Stich das Blut folgete/und einen ziemlichen Schmerzen verursachte. Da er nun mit etlichen tausend Stichen eine Figur geendet/wusche er mir die Haut sauber ab/und sahe/wo noch nicht genug gestochen war/welches er denn mit neuen Stichen verbesserte/und mir nachmahls den Arm mit seinen Händen so druckete/ daß sich alle Löcher geöffnet/und das Blut wie aus einer Sprüßen heraus gesprüßet. Wie nun solches geschehen/rieb er mir zum Überfluß das temperirte Pulver gar starck in den Arm hinein/und machete mir den Arm so weit/als das Zeichen ging/ganz schwarz/worauff ich den Arm zwey Tage lang im Bande tragen muste/nach verflossenen zweyen Tagen/wusch er mir den Arm rein abe/mit starckem Wein und fing mir an das andere Zeichen zu stechen/welches er wie das vorige endigte/verfuhr auch also mit dem Dritten Vierten und Fünfften. Wer nun einer schwachen Natur ist/der mag sich wohl vorsehen/solche Zeichen stechen zu lassen/dann sie den Arm gar sehr schwellend machen/und durch die Inflammation offtmahlen ein Fieber zu verursachen pflegen/welches den Frembden dieser Oerter sehr gefährlich ist/und leicht den Todt befordern kan.
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon Branislav K. » 12.09.2013 21:15

Oh, super super. Vielen Dank Anke. :D Zwei sehen mehr als Einer.
Habe nachgeschaut, "Dinte" ist veraltetes wort für "Tinte". Das ist dir gut aufgefallen.
http://www.dict.cc/?s=Dinte+[Tinte]
Leerzeichen werde ich noch einfügen. Guter Rat. Danke.
Aber "Umd" würde ich doch nicht übernehmen. Habe jetzt nachgeschaut, als veraltetet wird da "Umb" erwähnt. Darum nehme ich lieber ein B.
http://de.wiktionary.org/wiki/um
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon n8ght » 12.09.2013 22:09

Ups, ich meinte auch umb.
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon sophrosyne » 12.09.2013 22:57

Ah lieben Dank Branislav für deine Erklärung. Ich verstehe dass Symetrie nach Plan aussieht, allerdings würde ich nicht soweit gehen, dann auf eine Tradition zu schließen. Symetrie kann auch ein Zeichen von Ästhetik sein. Außerdem würdeich den Sprung zwischen:es sieht geplant aus und die Person hat es von ihren Vorfahren als Tradition überliefert bekommen zugroß finden. Vermutlich gibt es in deinen Gedankengängen diese Zwischenschritte, die das erklärbar machen. Aber mir fehlen sie :)

Veröffentlichst du denn deine Rechereergebnisse irgendwo? Weil du meintest, dass Menschen an dich herantreten mit ihren Geschichten. Die müssen ja irgendwie von dir erfahren haben.
Im Übrigen ein sehr spannendes Thema!
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon Branislav K. » 13.09.2013 1:06

Ich glaube der Mumifizierte war von seiner Gesellschaft beeinflusst worden. Er dürfte Tätowierungen tragen. Also hatte seine Umgebung kein problem damit. Und das will was bedeuten haben, vor 2300 Jahren.


Auf Facebook,
https://www.facebook.com/pages/Traditio ... 3247770680
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Re: Historische und traditionelle Tattoos

Beitragvon sophrosyne » 13.09.2013 12:23

Man weiß ja nicht in welchem Kontexten er das tragen "konnte". Gibt es Informationen über den gesellschaftlichen Kontext der Mumie? Und wieso bedeutet das etwas, nur weil es so lang her ist? Die gesellschaftliche Akzeptanz von vor 2300 Jahren ist doch nicht zwingend in Abrede gestellt, oder?
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