von upsidedown » 13.08.2007 16:34
Vielleicht kann ich ein wenig Licht ins Dunkel bringen, Gladiator/Marion möge mich steinigen...
Also, erstmal verläuft im Tragus der Rami auriculares des Nervus vagus. Der muß da auch sein, sonst würde das Stechen nicht schmerzen. Der Nervus vagus, der zehnte Hirnnerv, versorgt Kopf, Hals, Brust und Bauch, darunter Regionen wie die Kehlkopfmuskulatur, die Stimmritze, Lunge und Speiseröhre und einen großen Teil der Organe. Ein kleiner Tausendsassa der Kumpel, halt ein breiter Versorger. Wer von Euch kennt jemanden, dessen Vagus beschädigt wurde und der danach an organischem Versagen verstarb? Auch Leute mit Operationen am Kehlkopf hatten danach noch keine Gesichtslähmungen.
Der Rami Auriculares ist im Übrigen somatosensibel und NICHT somatomotorisch, was bedeutet, dass er für die Aufnahme von Sinnensempfindungen und NICHT für die Weitergabe von motorischen Befehlen zuständig ist. Zusätzlich ist er allgemein-somatosensibel, dass heisst, er hat nicht mal eine spezielles Sinnesaufgabe, wie z.B. Augennerven oder ähnliches. Eine Beschädigung dieses Nervens würde so ziemlich nichts bedeuten, als dass das Schmerzempfinden des Tragus flau würde oder verschwände.
Der Nervus facialis beginnt am, bzw. unter dem Tragus, um den zu verletzen, müßte der Piercer vom Tragus ins Innenohr stechen. Er hat mit dem Tragus insoweit auch nichts zu schaffen, denn er vorsorgt die Ohrspeicheldrüse. Wenn der Piercer so ansetzt, solltet Ihr gut nachdenken, ob etwas mit Euch, dem Ort oder dem Piercer nicht stimmt. Habt Ihr etwas mit seiner Frau gemacht? Oder seid Ihr beim Karneval auf Rio und das ist gar kein Piercer, sondern ein Typ mit nem rostigen Nagel, der an Eure Brieftasche will? Dieser Stich wird so oder so elend enden.
Der Nervus auriculotemporalis aus dem Nervus trigeminus verläuft im "äußeren Gehörgang". Der äußere Gehörgang beginnt an der Ohrmuschel und verläuft von dort in Richtung Trommelfell und hat ebenfalls nichts mit dem äußeren Tragus zu tun. Er fängt ungefähr da an, wo das als Ohr begriffene Ding aufhört.
Die Denkweise die hier vorherrscht ähnelt der Annahme, dass das Wasserwerk kaputt geht, wenn man zuhause den Wasserhahn abbricht. Um Schäden wie etwaige Lähmungen hervorzurufen, müßte der Piercer so massiv daneben greifen, dass er es mit einer so wenig als arte legis zu beschreibenden Handlungsweise auch an jeder anderen Stelle des Gesichtes schaffen würde, massive Schäden hervorzurufen.
Im Allgemeinen zählt beim Piercen Hygiene und Sachkunde, beides ist bei jedem guten Piercer, den hier vertretenen ohnehin, vorauszusetzen. Wenn Euch jemand ne Nadel, verseucht mit üblen Bakterien, ins Ohr sticht, seid Ihr bei der Wahl der Piercers etwas unvorsichtig gewesen. Wenn Ihr diese Grundvoraussetzungen bei einem bestimmten Piercer anzweifelt, solltet Ihr Euch nicht nur am Tragus, sondern gar nicht und nirgendwo hin stechen lassen.