von NinchenNatt » 17.11.2015 20:42
Hallo,
ich lese hier schon eine Weile still mit und möchte zu deinem Post ein paar Zeilen schreiben, weil es mir bis vor kurzem ähnlich ging mit meiner Motivwahl.
Mein Sohn ist vor 14 Jahren gestorben und ich such(t)e seit Jahren nach einem passenden, für mich stimmigen Motiv, welches ich mir tätowieren lassen kann.
Portrait fällt aus, da ich das Gesicht meines Kindes nicht "öffentlich" mit mir rumtragen möchte. Das habe ich immer noch im Kopf und das ist gut so. Ich möchte nicht von Fremden danach gefragt werden, wer das ist, warum das Tattoo...
Geburtsdatum / Sterbedatum fand ich auch unpassend.
Mit einem fetten Namenszug irgendwo am Körper konnte ich auch nichts anfangen.
Eine Sanduhr finde ich für (m)ein Kind auch unpassend, obwohl es davon wunderschöne Motive und Umsetzungen gibt.
Irgendwie hat sich in den letzten Jahren nichts "richtig" anfühlendes gefunden.
Mein ehemaliger Chef ist Kubaner und ich durfte während meiner 6 Jahre bei ihm im Betrieb einiges von seiner Religion erfahren und kennenlernen.
Santa Muerte hat bei mir bleibenden Eindruck hinterlassen.
In seiner Religion wird diese, ähnlich wie bei den Mexikanern, verehrt. Sie steht wider Erwarten für Schutz, Hoffnung und Wohlwollen. Auch wenn mir Rum und sauteuere Zigarren als Opfergabe vor ihrer Statue etwas seltsam vorkamen, so fand ich den Grundgedanken dahinter schön und berührend.
Die Typischen Santa Muerte gefallen mir optisch als Motiv überhaupt nicht, deshalb blieb ich bei den La Catrinas hängen, welche mir allerdings nur realistisch gestochen gefallen.
Auf der Suche nach einem Tättowierer, der mir das auch zu 100% so umsetzen kann, wie ich mir das vorstelle musste ich leider erkennen, dass diese WunschCatrina entweder mein Budget enorm sprengen würde, oder ich mich nach einem anderen Motiv umsehen muss.
Als meine Tochter vor ca. 8 Wochen von der Schule gekommen ist und mir erzählte, dass sie Edgar Allan Poe lesen muss, viel mir Quoth ein und es war klar, es wird ein Rabe.
Auch nach 14 Jahren ist nichts mehr, wie es mal war. Der Verlust hat mich geprägt und mich verändert. Trauer wandelt sich, der Schmerz ist mal da - mal nicht, Träume und Ziele mussten verändert werden, Wehmut, dass es anders gekommen ist, als geplant...
Es gibt so vieles, was ich gerne anders gehabt hätte und dennoch bin ich heute glücklich und zufrieden, aber so wie ich mal war bzw. so wie es mal war, wird es "nimmermehr"
Vor ein paar Wochen war ich beim Tättowierer meines Vertrauens und zeigt ihm ein paar Vorlagen, merkte noch ein paar Wünsche an und erzählte auch von meinen Beweggründen für das Motiv.
Er hat mir ein traumhaftes Bild von einem fliegenden Raben gezeichnet, der nicht sofort mit Trauer in Verbindung gebracht wird, sondern für mich vielmehr mit Freiheit (auch befreitheit), Kraft und Stärke.
Jetzt habe ich einen halben Roman über meine Motivfindung geschrieben.
Was ich dir allerdings sagen wollte ist, dass es so vieles gibt, was einem im ersten Moment passend erscheint, aber dauerhaft evtl doch zu persönlich ist.
Nicht jedem möchte man erklären (muss man zwar nicht, aber Fragen können kommen).
Meine Schwester hat sich für ihre verstorbene Freundin ein Opossum stechen lassen, da sie zusammen in Australien waren und sie beide diese Tiere (von denen es dort wimmelt) witzig fanden.
Liebe Grüße
Nine