nachdem ich mich hier schon etwas umgesehen habe und sehr begeistert von der Hilfsbereitschaft und dem Verständnis der Community bin, möchte ich meinen Frust auch auf diesem Wege niederschreiben.
Ich besitze zwei Tattoos und bereue beide zutiefst.
Ich habe mir beide gleichzeitig mit 18 stechen lassen.
Bei uns in der Schule gab es einen extremen Tattoo-Hype - alle haben sich spontan, ohne sich große Gedanken zu machen, tätowieren lassen.
Und wie man in dem Alter so ist, habe ich mich von dem Gruppenzwang mitreissen lassen und mir auch eingebildet, ich brauch unbedingt, sofort ein Tattoo.
Anfangs wollte ich eine Löwenkopf seitlich am Bauch haben, mir hat aber keines von den vorgeschlagenen Motiven der TätowiererInnen gefallen.
Entschieden habe ich mich dann sehr spontan für eine Acht am Knöchel (weil Glückszahl) und einen dünnen Reifen am Oberarm.
Meine Mama wollte mir die Tattoos ausreden aber ich bin stur geblieben
Ich habe mich extrem auf den Termin gefreut und hatte auch während dem Stechen ein gutes Gefühl aber nach kurzer Zeit sind, mit den ersten komischen Blicken der Leute, die ersten Zweifel aufgekommen.
Ich habe sehr früh angefangen die Tattoos zu verstecken und mich dafür zu schämen.
Nachdem ich auf mein Achter-Tattoo immer wieder angesprochen wurde, warum ich mir ein Nazi-Symbol tätowieren lassen habe (ich habe nie nur eine Sekunde darüber nachgedacht, dass es damit in Verbindung gebracht werden könnte), habe ich es mir überstechen lassen.
Ich wollte Etwas weibliches, neutrales und habe mich für ein Mandala entschieden.
Leider habe ich auch hier wieder überstürzt gehandelt und mir nicht das Cover-up in einem professionellen Studio stechen lassen, sondern zu Hause bei einer Bekannten, die schon viele Leute gestochen hatte - immer mit schönem Ergebnis.
Und Trommelwirbel - wie zu erwarten - ist auch dieses Cover Up schief gegangen und ich habe mich sofort nach der Acht zurückgesehnt. Zumindest musste ich mir nicht mehr anhören, dass ich ein Nazi-Tattoo habe.
Mit dem Strich um den Oberarm hatte ich Auf & Abs, es gab vor ein paar Jahren eine Phase, da habe ich es nicht versteckt aber so richtig wohl gefühlt habe ich mich nie damit. Mittlerweile schäme ich mich ganz stark dafür und verstecke es immer. Sogar beim Sex schäme ich mich dafür.
Ich bin nun 26, lebe also schon sehr lange mit den Tattoos. Ich kann mich null mit ihren identifizieren und finde sie nach wie vor befremdlich auf meinem Körper.
Lange rede, kurzer Sinn: ich lass mir nun seit einem Jahr beide Weglasern und ich denke, das ist die richtige Entscheidung. (es ist mühsam, teuer und sehr sehr langwierig)
Ich bin tatsächlich hier um LeidensgenossInnen zu finden.
Ich will auf jeden Fall kein Tattoo-Bashing betreiben. Es gibt so viele Tattoos, die ich toll und schön finde und ich beneide jeden/jede, der/die stolz auf sein/ihr Tattoo ist und dazu steht (mein Bruder hat seinen ganzen Arm tätowiert).
Leider habe ich mich schon soooo sehr in diese negative Gedankenspirale hineingedacht, dass ich es einfach nicht schaffen kann, meine Tattoos zu akzeptieren.
Der Sommer ist oft eine Qual für mich, weil ich meine Tattoos verstecken will.
Seit Jahren zieh ich im Sommer keine Träger-Leibchen mehr an, sondern nur noch kurzärmlige T-Shirts, die sie verdecken.
Ich war früher so ein Sommer-Mensch, habe es geliebt, wenn es richtig heiß ist, um mir schöne Kleider und Röcke anzuziehen. Nun bekomm ich oft Panik, wenn die Temperaturen steigen.
Ich habe echt das Gefühl, die Tattoos haben meine Persönlichkeit verändert.
Ich erwische mich manchmal dabei, wie ich mich richtig für die sie hasse.
Natürlich ist mir bewusst, dass es das einfachste wäre, sie zu akzeptieren und nicht so ein großes Ding daraus zu machen, leider gelingt mir das nicht,
Ich bin generell ein Mensch, der sich sehr viel Gedanken macht und viele Selbstzweifel hat - das spielt natürlich auch mit. Und ja, ich bin in Therapie und versuch an mir zu arbeiten aber die Tattoos kann man nicht wegreden leider

Ich hoffe, dass ich bald wieder unbekümmerter sein kann und vor allem in meiner Kleidungswahl komplett frei sein kann, ohne mir Gedanken machen zu müssen, wie ich meine Tattoos am besten verstecke. Ich möchte wieder anziehen auf was ich Lust habe.
Hat denn jemand von euch ähnliche Probleme/Gedanken/Emotionen?
Mir würde es sehr helfen zu sehen, dass ich nicht alleine bin.
Und tut mir leid, wenn die Story etwas runterzieht aber ich musste das mal alles los werden.
Liebe Grüße,
Hanni